Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht vierteljährlich Zahlen zum sog. (Erwerbs)Arbeitsvolumen und zur Jahres(erwerbs)arbeitszeit der Erwerbstätigen („Arbeitszeitrechnung“). Die Jahres-Erwerbsarbeitszeit ist das Ergebnis der Devision des (gesamt-gesellschaftlichen) Erwerbsarbeitszeitvolumens durch die Anzahl der Erwerbstätigen. Diese Zahlen gehen auch in die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Tabelle 1.13) ein, die das Statistische Bundesamt erstellt. (Generell weichen die Zahlen zum Arbeitsvolumen dadurch von einander ab, daß das Statistische Bundesamt nur vier Stellen hinter dem Komma nennt. Etwas stärker scheinen zeitweilig die jeweils neuesten Zahlen von einander abzuweichen – je nach Datenstand der Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes und des IAB.)
Nun kann es – bei steigender Anzahl der Erwerbstätigen – trotz sinkender Jahres-Erwerbsarbeitszeit pro erwerbstätiger Person zu einem Anstieg des (gesamt-gesellschaftlichen) Erwerbsarbeitszeitvolumens kommen.
Es ist daher durchaus interessant, den Erwerbsarbeits-Zeitaufwandes pro EinwohnerIn zu berechnen. Denn je nach Entwicklung der Gesamtzahl der EinwohnerInnen kann ein Anstieg des gesamt-gesellschaftlichen Arbeitsvolumens sowohl ein Sinken als auch ein Steigen der Jahres-Erwerbsarbeitszeit pro EinwohnerInnen bedeuten.
Jene Berechnung ist aber leider mit verschiedenen Problemen verbunden (insbesondere, wenn diese Berechnung auch geschlechts-spezifisch erfolgen soll):
+ In die Arbeitszeitrechnung gehen auch die Erwerbsarbeitszeiten von Personen, die im Ausland leben, aber im Inland arbeiten, ein; dagegen sind die Erwerbsarbeitszeiten von Personen, die im Inland wohnen, aber im Ausland arbeiten, nicht eingeschlossen. Diese Zählweise wird „Inlandskonzept“ genannt.
+ Die EinwohnerInnen der Bundesrepublik sind (in diesem Sinne) aber gerade – und zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit – „Inländer“. Das Arbeitsvolumen durch die EinwohnerInnen-Zahl zu dividieren, ist also nicht (ganz) unproblematisch. Aber unser Alltagswissen genügt, um davon auszugehen, daß die sehr große Mehrheit der Menschen, die in der BRD leben, sofern sie überhaupt erwerbstätig sind, dies in der BRD selbst sind und, daß auch die Zahl der ‚EinpendlerInnen‘ überschaubar ist. Ebenso gibt es sicherlich auch Unterschiede zwischen den Arbeitszeiten von EinpendlerInnen im Inland und AuspendlerInnen im Ausland. Aber auch diese Unterschiede dürften überschaubar sein. Es dürfte also – mangels Kenntnis von Erwerbsarbeitszahlen nach „Inländerkonzept“ – vertretbar sein, jene Division (Arbeitsvolumen [nach Inlandskonzept] dividiert durch die EinwohnerInnen-Zahl [nach Inländerkonzept]) vorzunehmen: Die Verzerrung durch den Unterschied zwischen Inlands- und Inländerkonzept dürfte nicht sehr groß sein.
+ Allerdings gibt es nicht nur die Unterschiede zwischen Ein- und AuspendlerInnen überhaupt. Vielmehr ist auch deren Anzahl unterschiedlich groß. Um zumindest diesen Effekt auszuschalten, können wir die Jahres-Erwerbsarbeitszeit der Inlands-Erwerbstätigen mit der Anzahl der Erwerbstätigen nach Inländerkonzept multiplizieren. Wir erhalten dann ein hypothetisches (Erwerbs)Arbeitsvolumen der inländischen Erwerbstätigen. Dieses Arbeitsvolumen können wir sodann durch die Bevölkerungszahl dividieren (siehe dazu https://datawrapper.dwcdn.net/1fKOI/1dataset.csv, Zeile 31, 32 und 37). Dies ergibt dann den gepunkten, roten Kurven-Verlauf (VGR) (und den grauen, gepunkteten Kurven-Verlauf [Bevölkerungsfortschreibung; siehe dazu sogleich]).
+ Größer werden die Schwiegkeiten, wenn wir uns außerdem für die Erwerbsarbeitszeiten pro Einwohner einerseits und pro Einwohnerin andererseits interessieren: Zwar veröffentlicht das IAB auch geschlechts-spezifische Erwebsarbeitszeit-Zahlen; aber die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen enthalten keine geschlechts-spezifischen Bevölkerungszahlen.
+ Die Bevölkerungsfortschreibung (und der Mikrozensus) enthalten aber geschlechts-spezifische Bevölkerungszahlen. Von 1991 bis 2010 waren die Bevölkerungszahlen der VGR einerseits sowie der Bevölkerungsfortschreibung (und des Mikrozensus) andererseits allerdings recht unterschiedlich.
Daher wird hier auch eine Vergleichsrechnung mit der (durchschnittlichen) Bevölkerungszahl aus der Bevölkerungsfortschreibung dargestellt (graue Kurven).
Wir können erkennen, daß die Auswirkungen der unterschiedlichen Bevölkerungszahlen zwar zwischen 1993 und 2010 durchaus sichtbar sind – aber die Auf- und Ab-Bewegung ist bei allen Kurven die gleiche.
Die Entwicklung der Erwerbstätigenquote ist in folgender Tabelle in Zeile 7 (und 12) dargestellt: https://datawrapper.dwcdn.net/1fKOI bzw. https://www.datawrapper.de/_/1fKOI. In den Spalten S und T, V und W, Y und Z sowie AB und AC sind die Veränderungen von 1991 bis 1996, von 1996 bis 2001, von 2001 bis 2006 sowie von 2006 bis 2021 dargestellt. In Zeile 29 der genannten Tabelle ist die Entwicklung der Jahres-Erwerbsarbeitszeit pro erwerbstätige Person dargestellt.